Wir freuen uns, Martina Stemberger im Wintersemester 2025/26 als Gastprofessorin an der Abteilung für Vergleichende Literaturwissenschaft begrüßen zu dürfen. Die Romanistin und Komparatistin beschäftigt sich in ihrer Forschung und Lehre unter anderem mit Intertextualität und Intermedialität, Klassikerrezeption, Autofiktion, Reiseliteratur sowie Literatur und Psychoanalyse.
Zum Semesterstart haben wir mit Martina Stemberger über ihre Erfahrungen an der Abteilung, ihre Schwerpunkte und ihre persönlichen Interessen gesprochen.
Sie kennen die Abteilung für Vergleichende Literaturwissenschaft als Lektorin bereits seit 2022. Was gefällt Ihnen besonders gut?
Martina Stemberger: Die thematische Vielfalt in Forschung und Lehre, die amikale Atmosphäre, das Engagement und die Kompetenz auch der Kolleginnen in Administration und Bibliothek. Und natürlich die Feste auf der Dachterrasse!
Welche neuen Impulse möchten Sie im Zuge der Gastprofessur geben und vielleicht auch mitnehmen?
Martina Stemberger: Eine der Stärken der Abteilung ist meines Erachtens ihr breites internationales Spektrum, über die westeuropäische und angloamerikanische Literatur hinaus. Hier kann und möchte ich mit meiner Expertise in den Literaturen der Romania wie der Slavia weiter zur Bereicherung des Angebots beitragen:
So stehen in meinen aktuellen Lehrveranstaltungen Autor*innen und Texte nicht nur aus der deutsch-, englisch- und französischsprachigen, sondern auch aus der brasilianischen, italienischen, polnischen, russischen und spanischsprachigen Literatur auf dem Programm. (Für eventuell mitlesende Studierende: Keine Sorge, die behandelten Werke sind auch in deutscher und/oder englischer Übersetzung verfügbar.)
In meinem Master-Seminar „Jüdische Literatur Lateinamerikas“ möchte ich mit den Studierenden ein besonders ergiebiges, dabei aus eurozentrischer Perspektive oft vernachlässigtes Segment der Weltliteratur erschließen; inzwischen wurden auch die Bestände der Fachbibliothek einschlägig ergänzt.
Was die Forschung betrifft: Wenngleich die Gastprofessur zeitlich begrenzt ist, möchte ich in diesem Rahmen nach Möglichkeit in längerfristiger Sicht bereits bestehende Kooperationen mit Kolleg*innen an der Abteilung vertiefen bzw. auch neue etablieren.
Was ist Ihnen bei der Lehre besonders wichtig?
Martina Stemberger: Die kritische und kreative Lust am Text, die Freude am Lesen, Schreiben und Diskutieren. Der Respekt vor alternativen Perspektiven auf Welt und Literatur, die Bereitschaft, sich auch auf eventuell unbequeme Autor*innen und Texte einzulassen.
Welches Ihrer aktuellen Projekte finden Sie besonders spannend?
Martina Stemberger: Im Kontext der Gastprofessur beschäftige ich mich aktuell u. a. mit einem Corpus genderkritischer Rewritings und intermedialer Adaptionen von Sigmund Freuds „Bruchstück einer Hysterie-Analyse“ (1905), d. h. des berühmten ‚Falls Dora‘ – von Hélène Cixous bis zum rezenten Virtual-Reality-Experiment der taiwanesischen Filmemacherin Chen Yi Jung.
Womit verbringen Sie Ihre Zeit, wenn Sie nicht gerade lehren oder forschen?
Martina Stemberger: Mit viel Sport, Fotografie, Klavier. Guilty pleasure, mittlerweile zum Teil – aber nur zum Teil – akademisch domestiziert: Fanfiction.
Welches Buch oder welche Person in Ihrem Leben hat Sie besonders inspiriert?
Martina Stemberger: Eine Reihe von Personen wäre hier zu nennen; nicht ein Buch, sondern tausendundeins. Wenn ich dennoch einen Titel und einen Namen wählen soll: Umberto Ecos Confessions of a Young Novelist (2011) – und meine Deutschlehrerin am Gymnasium, Dr. Ursula Strobl, die meinen weiteren Weg in acht Jahren Unterricht samt Freifach Literatur nachhaltig geprägt hat.
Vielen Dank für das Interview! (mw)
ZUR PERSON
PD Dr. Martina Stemberger hat Romanistik und Slawistik an den Universitäten Wien und Paris III-Sorbonne Nouvelle studiert, in Französischer Literaturwissenschaft (mit Rigorosum aus Germanistik) promoviert und 2017 in Romanischer und Vergleichender Literaturwissenschaft habilitiert.
Neben ihren Lehrtätigkeiten an der Universität Wien ist sie assoziiertes Mitglied des CERCLE (Centre de Recherche sur les Cultures et les Littératures Européennes) an der Université de Lorraine; sie war FONTE-Gastprofessorin an der Humboldt-Universität zu Berlin, Research Fellow am IFK Wien, an der Technischen Universität Dresden und am Wissenschaftskolleg Greifswald sowie Gastdozentin an der Universität Würzburg und der Universidad de Cádiz.
